Borreliose
Diagnose Borreliose in aller Munde
Eine neue Seuche oder einfach nur eine seltene Erkrankung der Pferde?
In der letzten Zeit werden immer mehr Pferdebesitzer mit der Aussage „Ihr Pferd hat Borreliose“ konfrontiert. Es stellt sich nun die Frage warum diese Krankheit plötzlich so verbreitet sein soll. Hat sie sich wirklich ausgebreitet? Oder ist sie nur zu einer dankbaren Diagnose geworden für viele Krankheitsbilder, die sich nur schwer erklären lassen?
Dank der breiten Palette an Symptomen, die eine Borreliose hervor rufen kann, trifft die Diagnose theoretisch natürlich auch auf eine Vielzahl an Patienten zu.
Was ist eigentlich Borreliose?
Borreliose ist eine Erkrankung, die mehrere Organsysteme betreffen kann. Sie wird durch die „Spirochäte Borrelia burgdorferi“ ausgelöst; der Erreger wird durch alle Entwicklungsstadien (Larve, Nymphe, Adulte) der Zecke „Ixodes ricinus“ („Holzbock“) übertragen. Die Spirochäten sitzen im Darm der Zecke und werden beim Saugakt über die Speicheldrüse an das Pferd abgegeben. Zecke „Ixodes ricinus“
Es kann davon ausgegangen werden, dass eine Erregerübertragung erst bei einer Kontaktzeit von mehr als zwölf Stunden stattfindet. Daher sollten Zecken sofort vom Pferd entfernt werden. Am Besten geeignet sind hierfür die handelsüblichen Zeckenzangen, mit denen man den Parasit direkt vorne am Kopf greifen und vorsichtig entfernen kann. Entgegen der landläufigen Meinung, die Zecke mit Öl zu „ersticken“ weiß man mittlerweile, dass der Parasit im Todeskampf sehr viel Speichel und damit viele Erreger absondert.
Das Krankheitsbild der Borreliose läuft in drei Stadien ab. Das Stadium I beginnt mit dem Zeckenstich und der lokalen Ausbreitung der Spirochäten in der Haut. Der beim Menschen üblicherweise zu findende „rote Hof“ (Erythema migrans) wird beim Pferd aufgrund der pigmentierten Haut und der Behaarung nicht gesehen. Häufig kommt es in dieser Zeit zu milden Temperaturanstiegen (bis ca. 39°C), lokalen Lymphknotenschwellungen und Myalgien (Muskelschmerzen). Dieses Erkrankungsstadium tritt ca. eine Woche bis einen Monat nach dem Zeckenstich auf.
Spirochäte
Ungefähr vier bis acht Wochen nach dem Zeckenbefall, im sogenannten Stadium II, gelangen die Spirochäten in die Blutbahn und die Erreger können sich in Gelenke, Sehnenansätze, Muskeln, Knochen und auch ins Nervensystem ausbreiten. In der Blutbahn sind sie für das Immunsystem gut erkennbar und der Organismus kann Antikörper gegen die Erreger bilden.
In dieser Phase II zeigt der Patient schwankende Körpertemperaturen, ein wechselhaft gestörtes Allgemeinbefinden und immer wieder auftretende Schmerzattacken im Bewegungsapparat.
Deutliche Gelenksymptome sind meist erst sechs Monate nach der Infektion zu finden.
Von der persistierenden (verbleibenden) Form der Borreliose, Stadium III, spricht man erst ca. zwei bis drei Jahren nach Erkrankungsbeginn. Hier treten nun Gelenksentzündungen deutlich in den Vordergrund.
Wie kann mein Tierarzt die Borreliose feststellen?
Besteht der Verdacht auf Borreliose kann der Tierarzt zu aller erst eine Blutprobe abnehmen und feststellen, ob im Blut des Pferdes Antikörper gegen Borrelien vorhanden sind. Werden Antikörper gefunden, beweist es nur einen Kontakt mit Borrelien, jedoch noch nicht eine Erkrankung.
Neben einer qualitativen Antikörperbestimmung (ja oder nein) ist eine Angabe über die Höhe des Infektionstiters (quantitative Antikörperbestimmung ) für die Bestimmung des Infektionsverlaufs von Bedeutung.
Bei grenzwertigen Titern, d.h. nicht wirklich positiv, aber auch nicht negativ (bis 1: 64), werden Kontrolluntersuchungen nach ca. drei Wochen empfohlen, um einen infektionsbedingten Anstieg des Titers festzustellen. Anstiege über zwei Titerstufen werden hierbei als verdächtig angesehen und erfordern Achtsamkeit. Antikörpertiter ab 1: 256 werden als positiv, jedoch noch nicht als zweifelsfrei erkrankt angesehen, jedoch sollte nur bei gleichzeitig auftretenden klinischen Symptomen an eine Therapie gedacht werden. Die Antikörperbestimmung liefert jedoch häufig falsch positive Ergebnisse durch sogenannte Kreuzreaktionen, weshalb bei positiven Titern eine spezifischere Blutuntersuchung, der sogenannte Western- Blot durchgeführt werden sollte.
Hierbei werden borreliosespezifische Proteinbanden der Antikörper nach gewiesen, die durch spezielle Oberflächenmarker auf den Borrelien entstehen. Der Western- Blot wird als positiv bewertet, wenn Antikörper gegen zwei hochspezifische Borrelienproteine nachgewiesen werden können.
Die sicherste Diagnostikmethode ist der direkte Erregernachweis aus einer Hautbiopsie oder der Synovia des klinisch auffälligen Gelenkes. Man versucht die Borrelien zu isolieren und anzuzüchten. Prinzipiell langt bereits eine Borrelie im Ausgangsmaterial, jedoch dauert die Anzucht dann ca. 21- 28 Tage. Sind viele Erreger im Material vorhanden, kann der Nachweis bereits nach wenigen Tagen erfolgen.
Eine andere Form des direkten Erregernachweises erfolgt mittels PCR ( Polymerase Chain Reaction ); hierbei wird mit Hilfe des Enzyms Polymerase ein Stück der Erreger- DNA vermehrt, um sie dann leichter nachweisen zu können. Diese Diagnostikmethode weist eine hohe Empfindlichkeit auf, was durch Verunreinigungen leicht zu falsch- positiven Ergebnissen führen kann.
Abgesehen von allen diagnostischen Verfahren ist eine ausgiebige Anamnese, beginnend mit dem „Wegweiser“- Zeckenstich, und das klinische Bild des Patienten entscheidend.
Kann man Borreliose heilen?
Wichtig bei der Therapie der Borreliose ist das Stadium der Erkrankung, in welchem man mit der Behandlung beginnt. Je früher man eingreift desto besser sind die Heilungsaussichten. Allein aufgrund des vorher dargestellten Ausbreitungsweges ist der beste therapeutische Zeitpunkt die erste Spirochätämie ( Erreger in der Blutbahn ). In dieser Phase sind die Erreger für das Antibiotikum am besten zugänglich. Haben die Spirochäten sich erst in Muskeln, Gelenken, Bändern oder gar im Nervensystem zurück gezogen, sind sie therapeutisch schwer angreifbar.
Aufgrund ihres Lebenszyklus kehren die Erreger jedoch immer wieder in die Blutgefäße zurück. Daher ist es wichtig eine ausreichend lange Antibiotikatherapie durch zu führen.
Wie sollte eine Borreliosetherapie erfolgen?
Eine gezielte Borelliosetherapie der Pferden weicht nicht wesentlich von der Behandlung des Menschen ab. Da Borrelien empfindlich gegenüber bestimmten Antibiotika sind, werden auch in der Tiermedizin die bekannt wirksamen Präparate eingesetzt.
Bewährt haben sich Tetrazykline, Amoxicillin/Ampicilline und Doxycycline.
Empfohlen werden Antibiotikagaben über 21 Tage oder aber Therapien über 10 Tage mit anschließend 10 Tage Pause und erneuter 10 tägiger Therapie; dieser Wechsel der Therapie sollte einen Zyklus über eine klinische Besserung hinaus fortgeführt werden, um möglichst viele Stadien der Borrelien zu „erwischen“.
Tritt die Borreliose denn wirklich so häufig auf?
Die Verbreitung der Borreliose ist an den weit verbreiteten Überträger, die Zecke Ixodes ricinus gebunden. Es kann jedoch davon ausgegangen werden, dass nur ca. zehn Prozent der Zeckenpopulation mit Spirochäten befallen sind. Nicht jeder derartiger Zeckenstich führt wie bereits früher erwähnt zur Infektion. Weiters kommt es nicht bei jeder Infektion zur klinischen Erkrankung.
Schon allein daraus lässt sich schließen, dass die so häufig gestellte Diagnose „Borreliose“ in einigen Fällen fraglich ist. Die Anamnese eines Zeckenstiches sollte jedoch den Tierarzt hellhörig für die Möglichkeit dieser Erkrankung werden lassen.
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